Heike Hein – Macht Euer Ding

Heike Hein – Macht Euer Ding

Ttraut Euch, wenn ihr hinfallt, steht wieder auf!

So lautet die Devise von Heike Hein, die ich in ihrem auffällig schönen, 1538 erbauten Haus in Lüneburg besuche. Doch das Leben an diesem Ort ist nur eine der vielen spannenden Stationen, die sie in ihrem Leben bisher hatte, das im wahrsten Sinne des Wortes von Höhen und Tiefen durchzogen war.

Inzwischen ist sie dort angekommen, wo sie hin wollte, wo sie sich wohl fühlt. Coach und Beraterin zum Thema „Frauen in Führungspositionen“ zu werden, war nicht immer ihr Ziel.  Doch der Weg und die Entwicklung dorthin ergaben sich und keine der Erfahrungen, die sie machen durfte, würde sie heute missen wollen.

Gehen wir zurück auf Los. Als ausgebildete Versicherungskauffrau fühlte sie sich mit Anfang zwanzig eigentlich recht wohl. Sie konnte ihrer Vorliebe für Ordnung und Strukturierung nachgehen, hatte viel Kontakt mit Menschen und fühlte sich in der Personalabteilung gut aufgehoben. Ein Kind war da gar nicht geplant, doch setzt sich die Fortsetzung unseres Lebens so manches Mal durch. Es war Ende der 60er Jahre logisch, als Mutter zu Hause zu bleiben. „Doch irgendwie war das einfach abstrus für mich, ich musste raus“, so empfand sie diese Periode. Sie machte sich nützlich, wo sie nur konnte und besuchte diverse Kurse  bei der VHS, wann immer es zeitlich möglich war.

Als ihr zweiter Sohn im Kindergarten war, konnte sie wenigstens halbtags tätig werden und verdiente sich mit verschiedenen Jobs ihr eigenes Geld. Egal was, nur endlich wieder raus und selber aktiv werden! Dann stieß sie auf eine Anzeige einer dänischen Firma, die Brillengestelle herstellte. Sie suchten jemanden, der im Nachbarort (!) mithelfen würde, eine deutsche Niederlassung von Null an aufzubauen. Ihr Jüngster war inzwischen 10 –  es war DIE Chance für sie. Vorstellungsgespräch auf Englisch, geschafft, sie wurde genommen. Aus dem Halbtagsjob wurde schnell Vollzeit, sie blieb 15 Jahre. Sie begann als Mitarbeiterin aus dem Dorf nebenan und endete als internationale Geschäftsführerin. –

Ihre Vollbeschäftigung war auch nur möglich, da sich ihr Mann in der Zeit selbstständig machte und sein Unternehmen von zu Hause aus leitete. Ihre Söhne finden es rückblickend cool, dass sie nur sagen brauchten, was sie essen wollten. Der Tiefkühlschrank und Vorratsraum waren immer voll mit dem, was sie mochten und sie brauchten sich nur bedienen, wann sie wollten.

Aufstieg, Aufstieg, Aufstieg, es wurde ihr sehr viel zugetraut und sie hatte die Herausforderungen, die sie so brauchte und meisterte. Ihre Ehe zerbrach darüber, „sicher habe ich auch meinen Teil dazu beigetragen, wir haben uns als Paar aus den Augen verloren, allerdings pflegen wir bis heute einen freundschaftlichen Umgang, das ist schön.“  Dennoch war die erste Phase der Trennung  sehr schmerzhaft und sie war sehr froh, ihre anspruchsvolle Beschäftigung zu haben. Da kam ihr das Angebot, eine Dependance in Australien mit aufzubauen, nur recht. Ausgelegt war der Aufenthalt erstmal für zwei Jahre. Ihr Sohn war inzwischen 17 und einer der ganz wenigen, die dadurch in einer WG (!) wohnen durften und nicht zuhause, eine coole Zeit!

Doch es lief  ganz anders als geplant und sie kehrte nach einem Jahr zurück. „Ich vergesse nie die mitleidigen Blicke jener, die meinten ich hätte es nicht geschafft. Aber ich bereue nichts, denn seitdem habe ich weniger Angst vor Herausforderungen, weil ich an mich glaube!“

Das Angebot, wieder in der Firma anzufangen, schlug sie aus. Sie machte sich lieber selbstständig, um mit ihrer Schwester eine eigene Lesebrillenkollektion herauszubringen. Es lief gut an, doch die Vermarktung war schwieriger als geplant, trotz guter Branchenkontakte. Nach 2 Jahren wurde es finanziell eng. So ging sie doch in die Firma zurück. “ Ich konnte nun meine Kollektion weltweit vertreiben und zusätzlich als Geschäftsführerin tätig werden.  Das waren meine Bedingungen.“

Nach einigen Jahren suchte sie nach einer neuen Herausforderung und wollte weg. Das Angebot, den Amerikamarkt zu übernehmen, ohne vollkommen dort hinziehen zu müssen, ließ sie wieder bleiben. Ein paar Monate hier, ein paar Monate dort, „es war der reinste Wahnsinn, sowohl Deutschland, als auch die USA zu managen.“ Das Ende der erfolgreichen Mission in den USA zeichnete sich ab. „Ich fragte mich was nun kommen sollte. Rückschritt ist Stillstand. “

Seminare zu machen und ihr Wissen weiterzugeben, darin sah sie ihre Zukunft. Vor dem Kauf eines Seminarzentrums in Hamburg wurde sie eindringlich gewarnt, tat es aber trotzdem. Es sollte sich als der teuerste Fehler in ihrem Leben herausstellen. „Ich habe am Anfang alles parallel gemanagt, pendelte zwischen New York und Deutschland, das war sicherlich ein großer Fehler.“ Nach 5 Jahren musste sie den Betrieb schließen. Eine Insolvenz kam für sie nicht in Frage „Der Schuldenberg war sehr belastend, mir war klar, dass ich mein Haus verlieren würde. „Trotzdem hatte sie das gute Gefühl, dass Seminare das richtige für sie sind.  „Jetzt wollte ich allein im Bereich Training und Coaching den Neuanfang wagen.“ Mit EDV-Trainings fasste sie sofort Fuß, Personalentwicklungs-Trainings kamen dazu. Sie machte eine qualifizierte Ausbildung zum Coach und baute diesen Bereich kontinuierlich aus.. „Mir war immer klar, dass ich nur durch Netzwerken und Vorträge bekannt werden konnte.“ Sie war viel  unterwegs, hielt kostenlose Vorträge, engagierte sich im Vorstand eines Business Clubs oder in Mentoringprojekten. So fand sie ihre sehr erfolgreiche Beratungsnische, hat ‚Frauen in Führungspositionen‘ zu ihrem Thema gemacht.

Ihr Weg ist und war die Entwicklung ihrer Person durch Chancen, Hürden und Stolpersteine, sich wieder aufrappeln und weitermachen. „Ich bin vielleicht auch immer ein kleiner Abenteurer, brauche Abwechslung.“ Sie gibt zu, immer noch Lampenfieber zu haben, wenn sie vortragen soll und stellt dann jedes Mal erleichtert fest, dass ihre breit gefächerten Erfahrungen sie ruhig werden lassen, wenn’s beginnt.

Wovon träumt sie noch?

Sie möchte ihre Erlebnisse in einem Buch festhalten, hat aber Respekt davor. „Was habe ich denn schon zu sagen?“ Und sie möchte noch erleben, dass ‚Mixed Leadership‘, Vertreter beiderlei Geschlechts als Team in den Führungsetagen deutscher Unternehmen, zur Selbstverständlichkeit wird. Frauen schaffen so viel, aber sie trauen es sich (noch) nicht zu.

 

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