Stéphane Hessel: „Empört Euch“
Wie ich gerade über den Newsticker des Deutschlandfunks erfahren habe, ist ein weiterer großer Mann unserer Zeit in der letzten Nacht im Alter von 95 Jahren von uns gegangen. Der Diplomat, Intellektuelle und Autor Stéphane Hessel, der 2010 mit dem Essay „Empört euch!“ (Original: „Indignez-vous“) weltweit bekannt wurde.
1945 begann der einstige französische Widerstandskämpfer und KZ-Überlebende Stéphane Hessel eine Karriere als Diplomat bei den Vereinten Nationen. In dieser Funktion arbeitete er an der ersten Ausarbeitung der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte mit, die 1948 verabschiedet wurden. Bis ins hohe Alter setzte sich Stéphane Hessel für die Menschenrechte ein, für Migranten, so genannte Illegale und Obdachlose, den Erhalt unseres Planeten sowie für den Frieden in der Welt und vor allem im Nahen Osten. Er hatte eine große Wachheit und Sensibilität gegenüber Unrecht, Inegalität und Ausbeutung. Sein Motto lautete, dass die Schlimmste aller Haltungen die Indifferenz wäre und zu sagen, man könne ja nichts dafür und man könne da doch nichts machen. Jeder als Einzelner wäre verantwortlich für die Gesamtheit und nichts und niemand würde dem Einzelnen diese Verantwortung abnehmen, sich aktiv zu engagieren.
Mit seiner Streitschrift und seinen Thesen zur Armutsschere, dem ökologischen Zustand unseres Planeten, der Behandlung von Asylbewerbern und Immigranten, dem Überangebot von Materiellem, der Diktatur durch und die Auswüchse der Finanzmärkte, dem Gesundheitssystem und vieles mehr, rüttelt er seine Leser auf fast unangenehme Weise wach. Ich sage unangenehm, da man sich beim Lesen seiner eigenen Bequemlichkeit gegenüber den bestehenden Missständen und Ungerechtigkeiten bewusst wird und durch die messerscharfen Beobachtungen eines sehr erfahrenen und klugen Mannes aus seiner alltäglichen Komfortzone des Denkens herausgerissen wird.
Sein Aufruf zum Protest gegen diese Zustände diente schon vielen als Inspiration, um sich unter anderem gegen die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise aufzulehnen. Dazu gehören zum Beispiel Anhänger der Bewegungen „Occupy Wall Street“ und andere Empörte weltweit. Er ruft mit seinen scharfen Beobachtungen vor allem die junge Generation auf, sich nicht mit all diesen Gegebenheiten abzufinden und dagegen aktiv zu werden.
In dem darauf folgenden Buch „Engagiert Euch!“ (Original: „Engagez-vous“), das aus Gesprächen mit dem 25jährigen Gilles Vanderpooten entstand, intensiviert er seine moralischen Forderungen. In diesen Gesprächen, die zwischen 2009 und 2011 geführt wurden, plädiert er für einen aktiven Einsatz und Kampf gegen die von ihm aufgezeigten Ungerechtigkeiten und ruft zum Ungehorsam auf, denn es genügt nicht nur, sich zu entrüsten. Es liegt in der Verantwortung eines jeden Einzelnen, sich auch aktiv gegen die skandalösen Missstände seiner Zeit zu engagieren.